Zwei Minuten!

5. Meisterschaftsspiel: VFC Anklam - TSG Neustrelitz - 08.11.2025

Artikel vom 10. November 2025

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    "Man kann nicht immer gewinnen".
    Diese abgedroschene Floskel könnte trösten. Sie "könnte" (!), wenn der Gegner in einem fairen Duell - einfach weil es die Statistik hergibt - letztlich öfter ein Tor geschossen hätte, als wir.
    Sie tröstet aber nicht, wenn du genau weißt, dass du das Spiel gewonnen hättest, wenn...
    (welch schöne Einleitung um mit dem klassischen Trainergejammer loszulegen).
    … wenn Sems Schuss zwei Minuten vor der Halbzeit nur zwei Zentimeter mehr links angesetzt worden wäre, dann wäre der Ball vom Pfosten nicht aus dem Tor sondern in das Tor zum 4:1 geflogen...
    … wenn wir in der guten Startphase der zweiten Halbzeit dem Gegner nicht einen absolut vermeidbaren Elfmeter schenken, der das Momentum bricht...
    … wenn der Schiedsrichter (der im übrigen eine sehr gute Leistung ablieferte) uns das Kopfballtor eine Minute vor Schluss nicht hätte aberkennen müssen, weil irgendjemand 10 Meter weiter einen Gegenspieler foult...
    … wenn die Pässe nicht furchtsam, sondern mit Überzeugung, klar und präzise zum Mann gespielt worden wären...
    … wenn nicht 7 Stammspieler verletzt oder verhindert wären...
    … wenn der Ball nicht so ein Flummi gewesen wäre...
    Hätte, wäre, wenn, könnte. Alles leider Punkte, die in quasi jedem Fußballspiel vorkommen. Kein Grund zum jammern. Fehler abstellen. Besser machen.

    Sie sind aber nicht der Kern des Problems. Der Kern liegt offen auf der Hand, ist viel simpler.
    Um das zu verdeutlich, sei hier ein Beispiel erlaubt: Nehmen wir einmal an (zugegeben dieses Gedankenexperiment ist ein wenig konstruiert), aber nehmen wir einmal an, dass der FC Bayern München sich leider keinen nominellen Torwart mehr leisten kann und aus diesem Grund ab sofort Josua Kimmich zwischen die Pfosten stellen muss. Wie viele Spiele werden sie in der Saison verlieren? Vermutlich einige. Obwohl sie doch eigentlich ein so krasses Team sind. Und auch an Josua Kimmich liegt es nicht. Er bleibt auch zwischen den Pfosten ein richtig guter Fußballspieler. Aber er ist eben kein Torwart.
    Leider ist es nicht zu vermeiden, dass wir in dieser Saison an machen Spieltagen mit Feldspieler im Tor agieren müssen und es zu vielen Toren kommen wird, die im Normalfall nicht passieren dürfen.

    Bis zur Halbzeit hatte der Gegner unsere Schwäche offenbar nicht entdeckt und so stand es durch drei schön herausgespielte Treffer durch Jaime (3' und 31' Minute) und Erik (37' Minute) verdient 3:1.
    Es scheint aber dem Trainer der gegnerischen Mannschaft nicht entgangen zu sein, wo unsere Schwäche lag, so dass Anklam nach der Halbzeit größtenteils das Fußballspielen sein ließ und den Ball durch den Torwart blind nach vorne - fast schon über unsere viel zu hoch stehende Abwehrkette - schlug. Leider mit durchschlagendem Erfolg. Nicht dass es gleich zu Toren führte, aber die Unsicherheit baute sich mit jeder glücklich geklärten Situation bis zum Kipppunkt auf. Es war geradezu zu spüren, wie auf dem Platz nur noch das Fünkchen Hoffnung in den Spieler flackerte, die Führung irgendwie über die 80. Minute zu retten.
    Einsatz und Wille waren weiterhin vorhanden, aber mit dem Herz in der Hose ist laufen und verteidigen schwer. In der 77. und der 78. Minute durfte Anklam uns schließlich innerhalb von 2 Minuten das Wochenende verhageln. Glückwunsch dazu.

    So bleibt es nach 5 von 16 Spielen weiterhin spannend. Die nicht ganz einfache Aufgabe des Trainierteams wird es sein, Lösungen für die oben beschriebenen Herausforderungen zu entwickeln.